Die genaue Identität des Sammler "Freiherr von Biedermann" konnte nicht exakt bestimmt werden.
Eingelieferte Sammlungsgüter
Ein „Freiherr von Biedermann, Dresden“ schenkt im Oktober 1908 eine Kamerun-Sammlung an das dortige Völkerkundemuseum. Als Provenienz ist notiert: "wahrscheinlich meist aus dem Grasland“. [1]
Unter den insgesamt 16 Positionen befinden sich Speere, Antilopenhörner und Dolchmesser sowie zwei Musikinstrumente. Eines der beiden, hierin verzeichnet unter der Nr. 7 und der in Dresden zugewiesenen Inventarnummer 24207, gelangte 1923 im Rahmen eines Tausches an den Naturkundeverein Reichenbach. Im Zuge der Profilierung des Museums auf der Burg Mylau wurde es 1976 nach Dresden zurückgegeben. Heute wird es dort unter der Objektbezeichnung „Sansa“ geführt.
Mögliche Sammler
Die Recherche in den Dokumenten des Völkerkundemuseum in Dresden konnten bisher keinen Aufschluss geben, um welchen Freiherrn von Biedermann aus Dresden es sich handelt.
Möglicherweise war der Einliefernde Erich Ernst Moritz Freiherr von Biedermann (18.8.1874 Techritz bei Bautzen – 3.2.1931 Teplice), der im Jahr der Sammlungsabgabe 1908 auch im Adressbuch der Stadt Dresden zu finden ist.[2]
Von Biedermann war Jurist und befand sich im sächsischen Staatsdienst im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten. Zunächst war er Referendar in Bautzen, dann ging er nach Dresden, Leipzig und schließlich nach Berlin. Im Laufe seiner Tätigkeit erhält er mehrfach Orden, so wird er 1906 Ehrenritter des Johanniterordens.[3] 1914 zieht er den Unmut der Bevölkerung auf sich, indem er Waldungen in der Sächsischen Schweiz privat aufkauft.[4]
Ein persönlicher Aufenthalt in Kamerun konnte nicht ermittelt werden.
Als Sammler käme auch Christoph Gustav Moritz Freiherr von Biedermann (1862–1913) in Frage. Er ist Sprachwissenschaftler und Ornithologe und kommt als Falkner zu einem gewissen Ruhm.[5] Auch Christoph Biedermann wohnt zunächst in Dresden, zieht aber 1897 nach Räcknitz, um sich vollständig der Falkenforschung hinzugeben. 1898 wird er bei der Beizjagd am Auge verletzt und ist ab da fast vollständig gelähmt. Er stirbt 1913.[6] Eine Biografie Biedermanns findet sich bei Gunnar Tilander.[7] Hierin wird erwähnt, dass er weltweit einen „riesigen Briefwechsel“ mit „Gelehrten“, Buchhändlern, Antiquaren und „Gesandtschaften ferner Länder“ unterhielt. Möglicherweise gelangte er über dieses Netzwerk an die Sammlung.
Auch für Christoph Gustav Moritz Freiherr von Biedermann ließ sich bisher kein persönlicher Aufenthalt in Kamerun feststellen.
Erkenntnisse zu den Erwerbsumständen
Der Sammler und die Erwerbsumstände des Musikinstruments bleiben ungeklärt.
Aufgrund des kolonialen Sammlungskontexts ist das Objekt weiterhin als sensibel einzustufen.
[1] Museum für Völkerkunde Dresden: MVD_1E_1908/15_Biedermann_von „Verzeichnis einer Kamerun-Sammlung Geschenk von Freiherr v. Biedermann, Dresden. Oktober 1908.“
[2] Vgl. Adreßbuch für Dresden und seine Vororte; Dresden 1908, S. 59. URL: http://digital.slub-dresden.de/id32253138Z/177 (17.02.2023) Hier verzeichnet unter „von Biedermann, Erich Const. Mor. Frhr. Legationssekr. i. Minist. D. auswärt. Angelegenh. (Old. V.R.!), (Pr.J.Ehr.R.), (Würt. F.R. 1.), Bernhardstraße 12. Pt.“.
[3] Vgl. Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 10717 Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Nr. 0689 Personalakte Erich Ernst Moritz Freiherr von Biedermann,1905 – 1917.
[4] Vgl. ebd., drei Zeitungsartikel zum Thema.
[5] Vgl. 1913 - Freiherr Christoph von Biedermann stirbt; in: Falknerei.de. URL: https://www.vpnk.de/falknerei/csc_fullview_3.php?nArticleID=86 (21.02.2023).
[6] Vgl. ebd.
[7] Vgl. Tilander, Gunnar: Dancus Rex - Guillelmus falconarius - Gerardus falconarius: Les plus anciens traités de fauconnerie de l’occident publiés d’après tous les manuscrits connus / Gunnar Tilander; Lund 1963, S. 287–292.