Über einen Austausch mit dem Museum für Völkerkunde Dresden kam ein Schwert in die Sammlung des Naturkundevereins Reichenbach.
(30.01.1880 Dresden – 13.10.1907 Ossidinge)
Eingelieferte Sammlungsgüter
Im Rahmen eines Tausches zwischen dem Naturkundeverein Reichenbach und dem Völkerkundemuseum in Dresden geht im September 1923 ein Schwert mit Scheide beim Naturkundeverein in Reichenbach ein (Museum für Völkerkund Dresden: Inv. Nr. 24167). In der Übergabeliste aus Dresden ist die Provenienz mit „Haussa“ angegeben.[1]
Das Objekt gelangt im August 1908 nach Dresden. Sammler war der Polizeimeister Otto Kolscher in Ossidinge, Kamerun. Die gesamte Sammlung Kolschers, die über seine Witwe, wohnhaft in Radebeul, durch den Lehrer Minkert, Dresden, übergeben wurde, umfasste insgesamt 29 Objekte. Darunter befinden sich u.a. auch zwei sog. Doppelköpfe, zwei Köpfe und eine Figur, die, so sagt es das Eingangsdokument, allesamt mit Menschenhaut überzogen sind sowie weitere Dolche und Schwerter. Das hier untersuchte Objekt ist auf der Liste unter der Nummer 21 als „Schwert mit Lederscheide“ verzeichnet.[2] Im Zuge der Profilierung des Museums auf der Burg Mylau wurde es 1976 nach Dresden zurückgegeben, wo es sich heute befindet.
Zur Person des Sammlers
Über das vergleichsweise kurze Leben des Otto Kolscher - er wurde nur 27 Jahre alt – ist, ebenso wie über seine Tätigkeit als Polizeimeister in Kamerun, wenig bekannt.
Kolscher wird am 30.01.1880 in Dresden geboren.[3] Seine Mutter ist Theresie Emma Kolscher (geb. Strassberger), sein Vater Friedrich Hermann Kolscher, von Beruf Bierschröter.[4]
Am 10.5.1906 reist Otto Kolscher auf dem Dampfschiff Lucie Woermann nach Duala in Kamerun. Er ist hier als Polizeimeister, Dresden, Sachsen verzeichnet.[5] Im Deutschen Kolonial-Handbuch von 1907 ist er als Polizeimeister des Bezirks Ossidinge gelistet. Stationsleiter ist hier Dr. Mansfeld, Stabsarzt, a.D.[6], der im hiesigen Projekt auch als Sammler in Erscheinung tritt.
Am 13.10.1907 stirbt Kolscher an Leishmaniose[7] in Ossidinge. Beerdigt wird er auf dem Kolonialfriedhof in Mamfe.[8] [9]
Der Tod des Otto Kolscher und eines weiteren Polizeimeisters mögen, neben der Verseuchung des Gebiets mit Sandflöhen und Moskitos, ein Grund gewesen sein, dass die Station 1908 ins 30 km flussaufwärts gelegene Mamfe verlegt wurde.[10]
Erkenntnisse zu den Erwerbsumständen
Die Herkunft des Objekts konnte im Rahmen der Forschungstätigkeit korrigiert werden. Das Schwert wird nun den Bamenda people zugeordnet. Wie genau Kolscher in Kamerun an das Schwert gelangte, konnte bisher nicht geklärt werden. Aufgrund des kolonialen Sammlungskontextes und der Tatsache, dass es sich hierbei um einen zeremoniellen Gegenstand handelt, dessen Gebrauch den Chiefs der Gemeinschaft vorbehalten ist, ist das Objekt auch weiterhin als sensibel einzuordnen.
[1] Vgl. Museum für Völkerkunde Dresden: Akten zu Mylau Reichenbach vor 1945.
[2] Vgl. Museum für Völkerkunde Dresden: MVD_E_K027_Kolscher_Otto_1908 Im Übernahmedokument ist festgehalten, dass die Sammlung ausgestellt und niemals veräußert werden solle.
[3] Vgl. „SAD, 6.4.25 Geburtsregister 1876-1907“ Nr. 226.
[4] Vgl. ebd. Nr. 226.
[5] Vgl. Staatsarchiv Hamburg, Hamburger Passagierlisten; Band: 373-7 I, VIII A 1 Band 178 Eintrag vom 10.5.1906.
[6] Vgl. Deutsches Kolonial-Handbuch; Berlin 1907. URL: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/kolonialbibliothek/periodical/pageview/7774150?query=kolscher (26.10.2022).
[7] Schwarzfieber, hervorgerufen durch Parasiten.
[8] Vgl. Michels: Imagined power contested 2004, S. 257.
[9] Im Buch Urwald-Dokumente von Alfred Mansfeld befindet sich auf S. 181 eine Abbildung von Polizeimeister Otto Kolscher mit der Besatzungstruppe Ossidinge.
[10] Vgl. Michels: Imagined power contested 2004, S. 257.