Der Naturkundeverein Mylau gründet sich im Jahr 1876. Als Vereinszweck wurde zunächst „gediegene Unterhaltung und Weiterbildung“ benannt.
Das Vereinsleben fand über Jahrzehnte in Rahmigs Restaurant in Mylau statt, hier wurde 1883 auch die erste öffentliche Ausstellung des Vereins gezeigt. Die Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit ist auf den Lehrer Dr. Schicker zurückzuführen, dessen Initiative seine Sammlung öffentlich zu präsentieren, wohl eine wahre „Sammelwut“ auslöste. Zusammengetragen wurden in der Folgezeit u.a. Mineralien und Zinn, aber auch Käfer und Schmetterlinge sowie zahlreiche andere naturkundliche Objekte.
Ab 1893 präsentierte der Verein seine Sammlungen auf der Burg Mylau. In den Folgejahren vergrößerte sich die vom Verein genutzte Fläche auf der Burg zunehmend. [1]
Mit einer Katalogisierung der Museumsbestände wurde erst 1921/22 im Rahmen einer Neuordnung des Museums begonnen.[2] Hierfür wurde ein Zugangsverzeichnis angelegt, in dem auch zahlreiche ethnologische Objekte aufgeführt sind. Aufgrund der retrospektiven Katalogisierung ist der Zugang der meisten Objekte, die vor 1921 eingingen nicht per Jahreszahl belegt.[3]
Einen Grundstein für das Anlegen einer Sammlung mit außereuropäischen Sammlungsgütern dürfte der Ankauf der ethnografisch-naturhistorischen Sammlung eines Herrn R. Öhler aus Offenbach am Main für 360,00 Mark gelegt haben, der im Oktober 1885 getätigt wurde.[4]
Auch in Mylau lässt sich vor allem durch die Vortragstätigkeit des Vereins dessen Interesse am deutschen und europäischen Kolonialismus belegen. So berichtet u.a. der „Naturforscher und Weltumsegler“ August Einwald (1846-1933)[5] im Jahr 1884 von seiner ersten und zweiten Afrikareise. 1902 ist er erneut in Mylau zu Gast und referiert unter dem Titel „20 Jahre Afrika“.[6] Der Lehrer Fehland trägt 1885 unter dem Titel „Unsere Kolonien“ über „die Südseeinseln“ vor und Dr. Th. H. Langer aus Dresden im gleichen Jahr zum Thema „Der Kongostaat, seine Zukunft und seine Bedeutung für den deutschen Handel“. 1906 berichtet der Lehrer Bauer aus Mylau zu „Deutsch-Südwest-Afrika“ und dem „Herero-Aufstand“. Dazu werden 81 Lichtbilder gezeigt.[7]
Dass auch der Naturkundeverein Mylau überregional vernetzt war, belegen u.a. die Ehrenmitgliedschaften des Hamburger Tierhändlers und Ausrichter der sog. Völkerschauen Carl Hagenbeck (1844-1913) sowie des Hamburger Kolonialhändlers und Herstellers von Menschenfiguren Johann Friedrich Gustav Umlauff (1833-1889).[8]
Von der Ethnologischen Sammlung im Kaiserschloss Mylau im Vogtland berichtete 1927 die Zeitung Mylauer Tageblatt und Anzeiger. Darin ist zu lesen, dass die Völkerkunde im Museum besonders viel Raum einnähme. Erwähnung finden unter anderem:
„… Afrikanische Speere, Spieße, Boxerdegen, Trinkhörner, Paddelstöcke aus den früheren Kolonien, Grönländer Schneeschuhe und ein Mantel aus Seehundsdärmen, chinesische Waffen …“. Aber auch „… eine große Anzahl an Gegenständen von den Admiralitätsinseln …“ und „… schöne Exemplare von Tieren aus dem Meeresgrunde …“.[9]
Im Jahr 1938 wird mit einer Umstellung des Sammlungsgutes begonnen um das Museum, so ist es im Gedenkbuch des Vereins zu lesen, im nationalsozialistischen Sinne umzustellen.[10]
Über den Verblieb der umfangreichen ethnologischen Sammlungsbeständen im Nationalsozialismus ist bislang nichts bekannt.[11]
[1] Vgl. Viebahn, Wolfgang: Natur im Blick! Vom „Verein für Naturkunde“ 1859 zur 5. Sächsischen Landesgartenschau 2009 in Reichenbach; Reichenbach im Vogtland 2009, S. 59–60.
[2] Vgl. Gedenkbuch des Naturkundevereins zu Mylau e.V.
[3] Vgl. „Zugangsverzeichnis Heimatmuseum, Verein für Naturkunde Mylau um 1900 bis 1950“.
[4] Vgl. „Gedenkbuch des Naturkundevereins zu Mylau e.V.“
[5] Einwald war nicht nur ein einfacher Reisender, sondern agierte auch als Verhandlungspartner, um neue regionale Gebietsansprüche in Südafrika für Deutschland zu sichern.
[6] Vgl. „Gedenkbuch des Naturkundevereins zu Mylau e.V.“
[7] Vgl. ebd.
[8] Vgl. ebd.
[9] Ein Rundgang durch´s Naturhistorische Museum des Vereins für Naturkunde e.V. im Kaiserschloß Mylau i.V.; in: Mylauer Tageblatt und Anzeiger vom 11.06.1927.
[10] Vgl. „Gedenkbuch des Naturkundevereins zu Mylau e.V.“
[11] Robert Axelrod, The Evolution of Cooperation. New York 1984.